Antrag / Anfrage / Rede
Haushaltsrede 2005
Stellungnahme der ödp-Gruppierung zum Haushalt der Stadt Memmingen am 14.3.2005
Die Leichtigkeit mit der unser Haushalt dieses Jahr - zumindest im Vergleich mit anderen Kommunen – dieses Jahr erstellt werden konnte, zeigt, dass Memmingen in der Zeit gespart hat. So haben wir jetzt, in einer Zeit in der fast alle Not leiden, eine prall gefüllte Reservekasse. Man mag dies am Ansatz der Habenzinsen für dieses Jahr ermessen. Diese erreichen etwa 2/3 bis ¾ der Sollzinsen. Das heißt wir haben effektiv so gut wie keine Schulden.
Man könnte sich uneingeschränkt über diesen Zustand freuen, wenn damit nicht eine teilweise Entmündigung des Stadtrats einher ginge. Während der Stadtrat in langen Sitzungen um Beträge von wenigen tausend Euro diskutiert, um zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen, fährt unser Kämmerer dank pessimistischer Prognosen, die dann nicht so eintreffen, durchschnittlich 7 Millionen Euro pro Jahr an ungeplanten Erträgen bzw. Minderausgaben am Stadtrat vorbei in die städtische Kasse. Dies liegt wohl daran, dass Ausgaben seitens des OB immer in DM und Einnahmen in Euro gerechnet werden.
Wie stellt sich das vergangene Jahr aus unserer Sicht dar und wie sind unsere Wenn-Erwartungen für die Zukunft. Wenn nun auch einige Kritik kommt, so leben wir dennoch gerne in Memmingen und sind stolz auf unsere Stadt.
Zuerst ein großer Dank an die MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung, die in weit über das normale Maß hinausgehendem Einsatz dafür gesorgt haben, dass die Umstellung auf Hartz IV auch in unserer Stadt reibungslos über die Bühne ging. Aber ein Dank auch an die anderen MitarbeiterInnen bei der Stadtverwaltung, im Klinikum und bei den Stadtwerken, die sich zwar weniger spektakulär, aber nicht weniger nachhaltig für unsere Stadt und unsere BürgerInnen eingesetzt haben.
Die perspektive memmingen ist entgegen aller Unkenrufe noch auf einem nicht ganz schlechten Weg. Wir sehen in diesem Zusammenhang ein, dass die Wirtschaftsförderung ein wichtiges Thema ist. Wir haben aber kein Verständnis dafür, wie die Gewichte in der Stadt gesetzt werden. Die bislang durch Herrn Dreikandt besetzte Stelle wurde in einer äußerst bedenklichen Art in Frage gestellt und soll nun in Richtung Wirtschaftsförderung umgewandelt werden. Auch die Stelle von Frau Störl wurde stark in Richtung Wirtschaftsförderung verändert. Als in der lokalen AGENDA 21 engagierte Bürger sehen wir diese Entwicklung mit großer Sorge. Die Wirtschaft wird unterstützt, aber wo bleiben wir Bürger.
Seit der Schließung des Flughafens wächst die regionale Steuerkraft im bayerischen Vergleich überdurchschnittlich. Interessant, dass die Entwicklung an Flughafenstädten teilweise genau in die andere Richtung geht. Wir sollten uns daher nicht fürs Fliegen sondern für eine nichtfliegerische Nutzung einsetzen.
Nach wie vor bedenklich ist die Nachlässigkeit mit der wir unsere Schulen behandeln. Bildung ist die deutsche Stärke im internationalen Wettbewerb. Die Informatik-Ausbildung Memminger Gymnasiasten scheitert teilweise u.a. daran, dass von den Eltern der Schule geschenkte gebrauchte Computer nicht kompatibel sind und keinen Unterricht zulassen. Die Stadt spart sich den Sachaufwand zu Lasten der Ausbildung. Gemeinsam mit dem von der Staatsregierung zu verantwortendem Unterrichtsausfall wegen Lehrermangels sorgen wir dafür, das ehemals so hohe bayerische Bildungsniveau evtl. auf einen mittelmäßigen Platz zu bringen. Mittelmaß wird aber nicht spitzenmäßig bezahlt und wird keine spitzenmäßigen Steuern bezahlen. In einer deutschlandweiten Untersuchung der Zeitschrift GEO landet Memmingen, was Bildung angeht mit der Note fünf sogar am Ende der Bewertungsskala.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch die 37jährigen Fenster im Striegel erwähnen, von deren Undichtigkeit ich mich einmal die Woche persönlich in einem Volkshochschulkurs überzeuge. Die sollen jetzt mit Farbe abgedichtet werden. Die der Haushaltskommission zugesagte Betrachtung Energiekosten + Kosten für Streichen gegen die Kosten neuer Fenster wurde wieder nicht angestellt. Hier macht die Verwaltung was sie will, nicht aber worum sie der Stadtrat bittet, bzw. wozu er sie auffordert und was sie ihm zusagt. Die Auskunft, dass es an anderen Schulen noch schlimmer sei, vermag zumindest mich nicht zu trösten.
Positiv finden wir, dass wir dieses Jahr in das Energiesparcontracting einsteigen, eine uralte Forderung unserer Gruppierung. 30% Einsparung sind laut Zeitung in der Theodor-Heuss-Schule möglich. Schade um Hunderttausende von Euros, die in den letzten Jahren verschenkt wurden. Liebe Verwaltung, bitte gehen sie stärker auf die Wünsche und Forderungen des Stadtrats ein.
Die Freiwilligenagentur, bei der der Landkreis als Träger fungiert, droht am „Geiz“ der Stadt Memmingen zu scheitern, wir Stadträte befürworten sie mehrheitlich. So erstickt man bürgerschaftliches Engagement im Keim.
Wir finden es positiv, dass sich endlich eine weitgehend zufriedenstellende Lösung für das Kulturlabor abzeichnet. Durch langes Warten wurde diese Lösung allerdings nicht billiger, man hat aber einer halben Generation Jugendlicher drastisch vor Augen geführt, wie bürgerferne Politik aussieht. Eine derartiger Schildbürgerstreich sollte einmalig bleiben, sonst müssten wir Memmingen gar in Schilda umbenennen.
Ähnliches spielt sich in Dickenreishausen ab. Dort weiß die Stadt weder, wo sie Grundstücke besitzt, noch wo bereits Kanäle verlegt sind. Immer wieder weisen Bürger die Verwaltung auf Fehler hin. Baumaßnahmen werden verschleppt und dadurch teilweise erheblich verteuert.
Bei der alten Post war die Basis der Befürwortung durch den Stadtrat eine anfängliche jährliche Zuschusssumme von 92.000 €, die ab 2016 zusätzlich durch die dann anfallende Miete verteuert wird. Nun aber sieht der Haushalt bereits für die ersten beiden Betriebsmonate Kosten von 75.000 € vor. Aus 92.000 € werden also rund 300.000 € pro Jahr und dann kommt später auch noch die Miete obendrauf. Dafür könnte man alle 2 Jahre ein Kulturlabor bauen. In diesem Punkt fühlen wir uns völlig verschaukelt.
Besonders problematisch aber ist die Situation mit unserem neuen Bad. Von Seiten der Stadt wurde mit den Vereinen gemeinsam immer noch keine Nutzungsplanung durchgeführt. Immer neue theoretische Konzepte werden stattdessen erarbeitet. Bis einschließlich 2008 ist kein Geld für das Bad im Haushalt. Wir fühlen uns an unser Wahlversprechen der Kommunalwahl gebunden und werden uns für einen Bau des Bades noch in dieser Wahlperiode einsetzen.
Unter anderem deswegen können wir diesem Haushalt auch nicht zustimmen.
Bereits in den letzten beiden Haushalten haben wir einige der heute vorgetragenen Kritikpunkte ebenfalls vorgetragen. Die Ablehnung des Haushalts richtet sich zum einen Teil gegen den Haushalt, zum anderen Teil dagegen, wie dieser Haushalt aufgestellt wird. Wie wir von unseren StadtratskollegInnen hörten, sind wir mit dieser Ansicht in bester Gesellschaft. Wir möchten unsere KollegInnen und die Verwaltung auffordern, mit uns gemeinsam an einer Verbesserung der Planung zu arbeiten. Die jetzige Form erinnert mehr an eine beschäftigungstherapeutische Maßnahme für den Stadtrat, als an eine strategie- und zielorientierte Planung.
Wir haben große Verbesserungspotentiale. So nun ist genug geschimpft! Raufen wir uns zusammen und nutzen wir diese Potentiale!
Memmingen, 14.03.2005 Prof. Dr. Dieter Buchberger