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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede 2006

Stellungnahme der ödp-Gruppierung zum Haushalt der Stadt Memmingen am 23.3.2006

Die Haushaltsvorberatungen liegen hinter uns, daher sei an dieser Stelle all denjenigen gedankt, die sich um eine faire Einbindung der Stadträte in die Aufstellung des Haushalts bemüht haben.
Dank sei auch all den anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt, der Stadtwerke und des Klinikums gesagt, die mit dazu beigetragen haben , dass unsere Stadt sich im Quervergleich der Kommunen in Deutschland nicht schämen muss, sondern stolz auf sich sein kann. Ein ganz besonderer Dank sei aus aktuellem Anlass auch den Mitarbeitern des Bauhofs gesagt, die angesichts des extremen Wintereinbruchs vorbildliche Arbeit geleistet haben.
Wo gelobt wird, da sei auch gestattet auf Missstände hinzuweisen. Nach wie vor beschränkt sich die Mitwirkung der Stadträte bei der Haushaltsaufstellung weitestgehend auf eine Statistenrolle in einem Stück bei dem der OB die Fäden zieht, an denen die Kämmerei zu tanzen hat. Stadtratsanträge werden nicht diskutiert, ich erinnere an meinen Haushaltsantrag vom letzten Jahr, der zunächst um ein Jahr zurückgestellt und dieses Jahr übergangen wurde.
Es fehlen immer noch eine klare Strategie, definierte und kommunizierte Ziele und ein lang- und mittelfristiger Aktionsplan.
Das man zwar sparen muss, aber das Geld nicht so knapp ist, wie glauben gemacht wird, lässt sich an der Zinsentwicklung ablesen. Wer Haben-Zinsen in fast gleicher Höhe wie Soll-Zinsen hat, hat evtl. größere Rücklagen als Schulden.
Doch nun zu konkreten Fakten:
Wir begrüßen, dass nun, nachdem jahrelang dem Verfall des Vöhlin-Gymnasiums zugesehen wurde, endlich mit dessen Sanierung begonnen wurde, eine Maßnahme, die wir seit langer Zeit fordern und die bereits mit dem Auszug der FOS hätte begonnen werden können. Wir begrüßen auch, dass unserer seit 2002 geäußerten Forderung nach Energie- Einsparcontracting endlich stattgegeben wurde. Haushalt und Umwelt werden massiv entlastet werden. Außerdem werden Arbeitsplätze geschaffen.
Gut ist auch, dass das Angebot für die Mittagsbetreuung in den Schulen verbessert wird, wobei die Mittel hierfür überwiegend vom Bund kommen und von der Stadt nur durchgereicht werden. Begrüßenswert sind auch die Gutachten zum Einzelhandel und zum Verkehr, allerdings nur, wenn daraus auch Maßnahmen zum Wohl der Stadt abgeleitet werden. Gut finden wir auch die Bemühungen unseres OB um den Ausbau des Bahnknotenpunkts Memmingen mit der Zubringerstrecke in die Schweiz. Wir wünschen Ihnen, dass Ihre Bemühungen möglichst bald von Erfolg gekrönt sein mögen.
Auch die Kunsthalle „Alte Post“ ist ein Schmuckstück für die Stadt, wenngleich Ihre Entstehungsgeschichte ein wenig rühmliches Blatt für OB und Kämmerei ist. Genehmigt wurde die alte Post mit geschätzten jährlichen Kosten von 70.000 Euro. Sowohl von CSU, als auch von uns lagen Schätzungen mit 200.000 Euro vor. Wir haben (leider) Recht behalten. Recht haben wir wohl auch mit der Ansicht, dass man Stadträte nicht so hinter das Licht führen sollte.
Schön ist, dass die beinahe endlose Geschichte des Kulturlabors nun zu einem guten Ende kam. Aus dem Kaminwerk steigt endlich der weiße Rauch auf. Wir wünschen den Betreibern viel Erfolg und den Besuchern viel Spaß.
Wir finden es erfreulich, dass nun auf Druck eines Investors die Diskussion um die Maximilianstraße und im weiteren auch in der innerstädtischen Aufenthaltsqualität wieder auf die Tagesordnung kommt. Noch vor 10 Jahren wollte diesbezüglich kaum jemand im Stadtrat mit uns diskutieren. Auto vor Mensch ist keine Prioritätensetzung für eine prosperierende Entwicklung einer Altstadt. Viel Zeit ist hier verschenkt worden. Aber, auch hier gilt der Grundsatz: Lieber spät als nie.
Gut finden wir auch, dass endlich die Grundsatzentscheidung getroffen wurde, die Innenstadt zu stärken und dem Handel vor den Toren nicht weiter zu stärken. In diesem Zusammenhang zeigt sich auch die hässliche Kehrseite des zweitgrößten Gewerbegebiets in Schwaben, auf das manche Kolleginnen und Kollegen so stolz sind. Wir können entweder im Gebiet vor der Stadt oder in der sterbenden Innenstadt einkaufen, aber kaum hier und dort. Die Fehler der Vergangenheit holen uns hier ein.
Wir haben es vom Berlin Institut bestätigt bekommen, dass wir im Bereich der Integration/Bildungschancen ausländischer Jugendlicher auf der Schulnotenskala mit einer glatten 6 abschneiden. Memmingen als Träger der roten Laterne in Deutschland. Wir erinnern unsere Kollegen in den anderen Fraktionen nochmals an Ihre Wahlversprechungen im Jahr 2002 zur Jugendarbeit. Ihre Versprechungen sind nicht umgesetzt, Memmingen macht zu wenig im Bereich Integration. Mit den Mehrkosten der Alten Post könnten 3 Stellen finanziert werden. So locker, wie wir diese 130.000 Euro für das kulturelle Wohl unserer Stadt zahlen, so locker sollten wir auch etwas für das soziale Wohl unserer Mitbürger tun. Aber wir können uns nicht einmal 1000 Euro leisten, um eine Gruppe engagierter Jugendlicher beim Bau einer Skaterhalle zu unterstützen. Da sehen wir lieber zu, wie diese evtl. auf der Straße herumlungern und rufen nach mehr Polizei. Arme Stadt……
Unrühmlich ist auch die Behandlung der Schulen. Die Realschule befindet sich nach wie vor in Geiselhaft, um vom Freistaat die Verstaatlichung zu erzwingen. Hier sollte unser Landwirtschaftsminister endlich einmal zeigen, was er kann und bei Herrn Stoiber auf den Tisch hauen. Doch nicht nur die Realschule ist in bedauernswertem Zustand, auch die Baracke in Dickenreishausen, deren Neubau ein Versprechen von OB Holzinger im Rahmen der OB-Wahl war, rutscht jedes Jahr ein bisschen weiter den Berg hinunter. Mal sehen, wann der Neubau kommt, dieses Jahr wahrscheinlich wieder nicht.
Ein Haushaltsansatz von 70.000 Euro resultiert aus dem Bürgerentscheid zum Flugplatz. Hier müssen sich OB und die vier Fraktionen gezielte Fehlinformation mit ihrer Informationsbroschüre vorhalten lassen. Wie aus Unterlagen anderer Gebietskörperschaften und der Bayerischen Staatsregierung hervorgeht, war die Broschüre falsch. Schön, dass die Hälfte der Bürger dies erkannte. Zwischenzeitlich kommen fast täglich neue Unwahrheiten der APA ans Licht, sei es die Erfindung eines Allgäu-Fonds, sei es die Unwahrheit über die Gesellschafter-Anzahl, seien es Unwahrheiten zum Eigenkapital. In fünfeinhalb Monaten läuft die Bindungswirkung des Entscheids ab und der Stadtrat wird ggf. neu zu entscheiden haben.
Eine Entscheidung wäre auch zum Thema neue Geschäftsfelder für die Stadtwerke zu treffen. Deren Gewinn wird fast ausschließlich aus der Erdgassparte erzielt. Die Umsatzrendite mit ca. knapp 2% ist dennoch extrem niedrig. Unser OB kann als Aufsichtsrat der LEW sicher bestätigen, dass das von ihm überwachte Unternehmen derzeit 10% Umsatzrendite macht. Wenn immer unser Vorschlag kommt, dass die Memminger Stadtwerke diesen hochrentablen Bereich erschließen sollten, dann wird er vom OB unwirsch abgeblockt. Anträge werden nicht behandelt. Hier haben Sie, Herr Dr. Holzinger, ganz offensichtlich einen Interessenkonflikt. Wir denken, Sie sind in erster Linie OB und erst in zweiter Linie Aufsichtsrat. In diesem Zusammenhang ist auch noch ein zweites Aufsichtsratmandat zu nennen, das Ihnen manche objektive Entscheidung nicht gerade erleichtert, nämlich das bei der MEWO. Die Geschichte um den geplanten Abriss des Knöringer, um die Alte Post und anderes mehr haben „a Gschmäckle“.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen, jedoch nicht ohne die „never ending story“ des neuen Bades zu beleuchten. Seit Jahren werden die BürgerInnen mit Versprechungen hingehalten und zur Beruhigung werden immer neue Gutachten angefertigt. Auch dieses Jahr sind wieder nur 20.000 Euro für irgendwelche Planungen eingestellt. Bis einschließlich 2009 sind keine Ansätze für das Bad im Vermögenshaushalt. Dies ist ein Hohn und ein leichtfertiger Bruch der Versprechungen anlässlich der Stadtrats- und der OB-Wahl.
Wer nun heute dem Haushalt zustimmt, stimmt dem Bruch seiner Versprechungen zu.
Kolleginnen und Kollegen, machen Sie sich nicht länger bei der Bevölkerung lächerlich. Lehnen Sie diesen Haushalt ab, bis er in den Punkten Jugendarbeit, Schulen und Bäder nachgebessert ist. Wir jedenfalls werden dies tun.


Memmingen, 23. März 2006 Prof. Dr.-Ing. Dieter Buchberger

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