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Antrag / Anfrage / Rede

Haushaltsrede 2010

Stellungnahme der ödp-Fraktion zum Haushalt 2010

Es gibt viel Positives zu berichten, Vieles haben meine Kollegen schon vorgetragen. Wir freuen uns über die Neugestaltung des Schrannenplatzes. Auch wenn es aus unserer Sicht durchaus berechtigte Kritikpunkte gibt, so meinen wir doch, dass dieses Projekt in seiner Gesamtheit die Stadt deutlich vorwärts bringt.
Unser Dank gilt ganz besonders der Siebendächer Baugenossenschaft mit Herrn Josef Lang und dem engagierten Projektleiter der Stadtverwaltung, Herrn Rothdach. Aber auch den anderen Beteiligten, insbesondere den wetterfesten Bauhandwerkern, sei gedankt. Wir wünschen Ihnen allen, unserer Stadt und unsern Bürgern, dass wir gemeinsam eine schönes Einweihungsfest und eine deutliche Aufwertung der südlichen Altstadt feiern können.
Sehr positiv ist auch die Sanierung unserer Schulen aus Mitteln des Konjunkturprogramms II zu sehen. Doch zeigt dies auch, wie schlecht der Bauzustand dieser Schulen war, denn nur wegen hoher Sanierungsbedürftigkeit kam man in den Genuss dieser Mittel.
Ich erinnere mich noch, wie uns die Bauverwaltung sagte, Dämmung von Schulen sei unrentabel und unsere dahin gehenden Anträge abgeschmettert hat. Nun aber, wenn der Bund dafür bezahlt, ist die Maßnahme rentabel. Wir wünschen uns, dass unser Bauamt zukünftig noch öfter ein wenig Nachhilfe durch die Bundesregierung bekommt.
Wir freuen uns über unsere erste neue Realschule und die nach derzeitigem Stand im Herbst 2012 fertige zweite neue Realschule. Gerne erinnere ich mich noch an unseren Gemeinschaftsantrag mit den Grünen, der das Realschul-Thema ins Laufen gebracht hat. Ich sehe aber auch mit Schrecken die Zusatzkosten, die der Schildbürgerstreich der zwei Realschulen mit sich bringt. 2 Schulleitungen, 2 Sekretariate, 2 Hausmeister, 2 Mensen, 2 getrennte Schulhöfe mit getrennten Aufsichten, getrennte Fahrradabstellplätze…. Herr Dr. Holzinger als OB und Herr Kollege Miller als damaliges Mitglied der Landesregierung haben mit diesem Schildbürgerstreich ein bedauernswertes Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Gerade als unsere Baulokomotive mit Volldampf fuhr, zeichnete sich Brennstoffmangel in Form der Wirtschaftskrise ab. Als vorsichtige Schwaben raten auch wir ödpler nicht zu einer Weiterfahrt ohne Rücksicht auf die finanzielle Versorgung, doch sehen wir die Situation nicht ganz so dramatisch, wie sie öffentlich z.T. dargestellt wird. Wer mit Investitionen Betriebskosten reduziert, der darf auch etwas Schulden machen und aus den Einsparungen abzahlen. Doch was sich nun abspielt, hat beinahe dramatische Züge: Unser Finanzprogramm leistet uns kaum Hilfestellung, um die Krise zu bewältigen. Wie jedes Jahr planen wir erst, nachdem schon ein Viertel des Jahres vorbei ist. Wie jedes Jahr liegen uns Ende März immer noch keine Zahlen zum Abschluss des letzten Jahres vor und wie jedes Jahr haben wir keine Zahlen zu den Vermögenswerten, die die Stadt noch besitzt. Wer will denn auf dieser Zahlenbasis eine vernünftige Planung machen?
Wie wohltuend hebt sich doch da die Planung der, ebenfalls öffentlich-rechtlichen Bestimmungen unterliegenden Stadtwerke davon ab. Dort gibt es seit längerem bereits ein vorläufiges Ergebnis für das Vorjahr und wir wissen, welche Vermögenswerte vorhanden sind. So kann man sich auch als Stadtrat ein Bild von der Situation machen.
Dort hat man es geschafft, trotz einer Ausweitung der versorgten Gebiete, einer überbordenden Bürokratie im Rahmen der Liberalisierung der Märkte, einer Minimierung der Wasserverluste und einer Erhöhung der Versorgungssicherheit den Personalaufwand im Verlauf von 6 Jahren um über 10% zu reduzieren. Eine Überarbeitung der Prozesse, mehr Einsatz von EDV und die konsequente Nutzung neuer Techniken waren der Garant dafür. Work smart not hard… so muss die Devise lauten und wir Memminger können das. Unser Kompliment an die Belegschaft der Stadtwerke! Leider läuft es nicht immer so gut.
Wir haben ein in anderen öffentlichen Verwaltungen und der Industrie bewährtes Konzept zur Überarbeitung der Prozesse vorgestellt. Durch Prozessoptimierung in der Stadtverwaltung sollen dieses Jahr stolze 0,6% der Personalkosten eingespart werden. Leider sprengt das die Vorstellungskraft unseres Oberbürgermeisters und der meisten unserer Kollegen. Schade!!!
Unser Programm „Zukunft, Umwelt, Bildung und Soziales für Memmingen“ zur Einsparung von über einer Million Euro kann im Internet nachgelesen werden. Drei Ergebnisse hierzu möchte ich herausgreifen:
1. Der Stadtrat lehnt die von uns vorgeschlagenen Einsparungen bei sich selbst und den 2. und 3. Bürgermeistern ab. Nicht einmal die Streichung der Telefonkostenpauschale in Zeiten der Flat-Rate war durchsetzbar.
2. Die Parkgebührenfreiheit für die erste Stunde fällt weg. Den Antrag hierzu haben wir wie schon oft gestellt, endlich wird er umgesetzt. Während die Memminger Einzelhändler wie immer reflexartig deswegen den Untergang der Stadt Memmingen prophezeien, meldet sich der Chef von Karstadt und sagt: Wir haben das schon gemacht und es ist nichts passiert. Wir wollten mit 25% dieser Einsparung einen Bus finanzieren, der jede Stunde jeden Stadtteil an den Weinmarkt anbindet und das kostenlos für unsere Bürger. Für die Umwelt und sozial Schwächere will unser Stadtrat nicht gerne etwas ausgeben. Er realisiert nicht einmal, dass dies zudem ein Leuchtturmprojekt wäre, das uns überregional bekannt machen würde.
3. Unsere vorgeschlagene Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes lehnt der Stadtrat mehrheitlich ab. Ein Unternehmen mit einem jährlichen Gewinn von einer Million Euro hätte 3.500 Euro mehr Steuern gezahlt. Eine minimale Mehrbelastung, wenn man bedenkt, dass für dieses Unternehmen die Körperschaftsteuer vor zwei Jahren um 90.000 Euro gesenkt wurde. 300.000 Euro mehr Steuer, von der Lobby ausgeredet.
Müssen wir wirklich allen Ernstes unsere Nachbargemeinde Berkheim beim Gewerbesteuersatz unterbieten? Herr Oberbürgermeister haben wir außer dem Gewerbesteuerhebesatz nichts zu bieten?
„Das war schon immer so“, „so geht das auf keinen Fall“, „da brauchen wir mehr Zeit dazu“, „ja wo kämen wir denn dahin“, „da könnte es evtl. ein rechtliches Problem geben“ Mit solchen Argumenten wurde unser Programm bis auf die Parkgebührenänderung vom Tisch gewischt und auf zielgerichtete Einsparungen von 800.000 Euro verzichtet. Stattdessen wurde der Haushalt nach der Rasenmäher-Methode gekürzt. Kürzungen werden auch bei der Bildung vorgenommen. Unseren Schulen, die sich seit Jahren zu Recht über zu geringe Sachkosten beklagen, wird der Sachaufwand um weitere 10 oder mehr % gekürzt. Akribisch wurde Position für Position gekürzt, meist ohne Berücksichtigung der bisherigen Sparsamkeit. Man dürfe die Kürzungen nicht für bare Münze nehmen, es seien eh nur Positionen im Haushalt, so wurde uns erklärt. Warum aber wird dann überhaupt so viel Zeit darauf verwendet?
Ein paar Beispiele für unsere Schulen: Geräte-Unterhaltskosten an der renovierungsbedürftigen Edith-Stein-Schule von 1300 auf 1150 Euro, Spiel- und Sportgeräte an der Elsbethen-Schule von 350 auf 300 Euro, Werkmaterial in Steinheim von 230 auf 200 Euro, immer 10 oder 15% gekürzt. Schulfeste am Striegel von 110 auf 100 Euro (auf ca.10 ct/Schüler), in Dickenreishausen von 80 auf 50 Euro (ca. 25 ct Schüler), an der DV-Schule von 600 auf 550 Euro (18 Euro/Schüler). Wo ist die Logik? Egal wie viel man hat, man muss einen ähnlichen Prozentsatz abgeben. Belohnt man so kostenbewusstes Verhalten?
Viele Schulen haben eine schöne Hülle bekommen. Für die städtische Realschule ist eine Hausmeisterwohnung für 390.000 Euro in Planung. Vielleicht sollte man manchmal ein klein wenig an der Hülle sparen und das Innere mit Leben füllen.
So ist es auch mit den Reden. Vielleicht sollte man am Sonntag weniger über Bildung reden und am Montag lieber mehr Geld dafür geben. Eintrittsgelder wurden erhöht. Nun kostet in unserer familienfreundlichen Stadt der Eintritt für eine Familie mit 4 Kindern ins Hallenbad gleich viel wie der in das viel bessere Nautilla in Illertissen. Familienfreundlich?
Werbung auf dem Briefbogen ist das eine, familienfreundliche Tarife das andere.
Der vorliegende Haushalt zeichnet sich, abgesehen von einer gewohnt ungenügenden Informationsbasis, durch das Konzept der undifferenzierten Kürzung aus. In der Betriebswirtschaft gibt es einen guten Spruch dafür: „Pauschale Veränderungen in Kostensenkungsprogrammen zementieren die Schlampereien der Vergangenheit für die Zukunft“.
Wir empfehlen daher die Ablehnung des Haushalts.

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