Pressemitteilung
Jetzt erst recht: Stoppt die Freihandelsabkommen!
Aufgerufen hatte das Bündnis „Stopp TTIP“ Memmingen-Unterallgäu und viele waren gekommen, um am europaweiten Aktionstag für den Stopp der Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) und der EU und Kanada (CETA) zu demonstrieren. 26 Organisationen sind bisher dem lokalen Bündnis beigetreten. Rupert Reisinger (attac), Sprecher des Bündnisses, erläuterte die Notwendigkeit, sich gegen die Abkommen zu positionieren. TTIP und CETA seien ein Angriff auf alle Lebensbereiche, auf erreichte Standards, auf die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Mit dem Investorenschutz durch sog. „Schiedsgerichte“, einem Tribunal aus drei Personen, werde eine Paralleljustiz geschaffen und unser funktionierendes Rechtssystem ausgehebelt. Der regulatorische Rat gehe an die Wurzeln unserer Demokratie, wenn alle künftigen Gesetze den Konzernen vorgelegt werden müssen, bevor der Gesetzgebungsprozess beginnt. Demokratie verwandle sich so in eine Wirtschaftsautokratie. CETA, ausverhandelt und derzeit in der juristischen Prüfung, könne noch geändert werden, auch wenn Kanada und die Europäische Kommission kein Jota nachgeben wollen. Jetzt liege es am Bundestag und Bundesrat, die Zustimmung zu verweigern. Reisingers Ausführungen gipfelten in der Forderung: „Wir wollen ein Europa der Bürger und nicht der Konzerne.“ Auch der Vertreter von Mehr Demokratie e.V., Gerd Hoffmann, sprach von einem Anschlag auf den Rechtsstaat und die Demokratie, sollten die Abkommen ratifiziert werden. Gefährdet seien auch soziale und kulturelle Standards. Demokratie würde von den Bürgern und den Parlamenten in die Hände von multinationalen Konzernen verlagert. Dies käme einem Ermächtigungsgesetz für Konzerne gleich. Hoffmann kritisierte die EU-Kommission, welche die Europäische Bürgerinitiative (EBI) mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt habe. Die Europäische Bürgerinitiative ist das einzige demokratische Instrument, womit wir Bürger Einfluss auf den politischen Entscheidungsprozess auf EU-Ebene nehmen können. 250 Organisationen aus fast allen europäischen Ländern klagen derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof. Die EBI werde dennoch selbstorganisiert auf den Weg gebracht. Hoffmann gab für Memmingen und das Unterallgäu den Startschuss für die Unterschriftensammlung. Der Demozug mit mehreren hundert TeilnehmerInnen setzte sich unter musikalischer Begleitung einer Samba-Gruppe in Bewegung. Der zweite Teil der Kundgebung schloss sich auf dem Theaterplatz an. Harald Ruck nahm für den Bund Naturschutz die Freihandelsabkommen unter die Lupe. Der Abbau sog. Handelshemmnisse berge große Risiken, sollten Umwelt-, Verbraucherschutz- und Sozialstandards, Arbeitnehmerrechte, Lebensmittelstandards, Kennzeichnungspflichten, Regelungen im Agrarbereich, das Chemikalienrecht (REACH), Regeln des Finanzmarktes oder Restriktionen im Bereich der Energieversorgung, wie z.B. das Frackingverbot, Gegenstand von Harmonisierung werden. Betroffen seien auch wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie Wasser, Verkehr und Bildung. Die Forderungen des Bund Naturschutz seien eindeutig: Sofortiger Stopp von TTIP und CETA. Die hohen ökologischen und sozialen Standards in Europa sollten gesichert bleiben. Ökodumping müsse verhindert und Menschenrechte sowie die kulturelle und regionale Identität geachtet werden. Ruck forderte eine gesellschaftliche Diskussion über die zukünftige Handelspolitik der EU mit der unmissverständlichen Forderung „Mensch vor Großkonzern“. Gabriela Schimmer-Göresz (stv. Bündnissprecherin) sprach für den kurzfristig verhinderten Vertreter der KAB, Kai Kaiser. Nicht Amerikahasser, Chlorhühnchen-Spießer oder Globalisierungsfeinde hätten sich versammelt, sondern Menschen, die sich für Fairness und gegen Ausgrenzung einsetzten. Die Freihandelsabkommen würden auf zwei Weltprobleme keine Antwort geben, sondern die negative Entwicklung noch verstärken: Armut und Elend in vielen Ländern und die Ressourcenverschwendung. Die Freihandelsabkommen würden den Abstand zu den armen und ärmsten Ländern noch vergrößern. Papst Franziskus habe die Dinge auf den Punkt gebracht: „Eine Wirtschaft, die ausgrenzt, ist eine Wirtschaft, die tötet.“ Daher, so Schimmer-Göresz, seien Alternativen zum Freihandel überfällig. Sie forderte die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf, Verantwortung zu übernehmen für alle Menschen und nicht ein Klima zu schaffen, das einige wenige multinationale Konzerne und deren Aktionäre zu Gewinnern und den Rest der Menschheit zu Verlierern mache.